HERSBRUCK – Am Ende gab es in der Stadtkirche minutenlang Standing Ovations für Karl Schmidt, der vor über 38 Jahren Hersbruck und Umgebung kirchenmusikalisch wach küsste und seitdem sehr viele Menschen anleitete und mit Spitzenergebnissen ausbildete. Jetzt ging der Kantor in den Ruhestand, der offizielle Abschied war bewegend.
Das gilt für die vielen wertschätzenden Worte beim Empfang im Selneckerhaus, das Ständchen des Bezirksposaunenchors vor der Stadtkirche sowie am meisten für Blechbläserkreis, Kantorei- und Gospelchor, die im musikalischen Gottesdienst noch einmal zeigten, in welche Höhen der scheidende Kirchenmusikdirektor sie geführt hat.
(Entpflichtung von KMD Karl Schmidt durch Dekan Werner Thiessen. – Bild: SOJ)
Teil des Gottesdienstes war die sogenannte „Entpflichtung“ Schmidts als Kantor durch Werner Thiessen. Der Dekan entband ihn mit einem Segen seiner Aufgaben, zu denen neben der Ausbildung von Chören und Ensembles auch die von Kirchenorganisten und Kantoren gehörte. Michael Grünwald, der Sohn des früheren Dekans Karl Grünwald, plauderte in seinem Grußwort später im Selneckerhaus ein wenig über seinen Lehrer. Grünwald war Schüler Karl Schmidts und ist heute Kantor in Marktredwitz. Er sprach mit großem Respekt und als Freund. Vor Ehrengästen, Weggefährten des Kantors, Chor- und Ensemble-Mitgliedern schickte Grünwald voraus, dass er, als er vor 31 Jahren nach Hersbruck kam, andere Pläne gehabt habe, aber Schmidts Arbeit habe ihn so beeindruckt, dass er dessen Schüler wurde.
Der Unterricht sei „sehr individuell“ und herausfordernd gewesen. In jedem Satz Schmidts habe eine „ganz eigene Pädagogik“, mitunter eine Strenge gelegen, immer mit dem Ziel, eine gewisse musikalische Qualität zu erreichen und Kirchenmusiker hervorzubringen, die „gut genug sind, um sie auf Gemeinden loslassen zu können“. Das sei wichtig und x-fach hervorragend gelungen. Dafür dankte er dem 63-Jährigen, für den auch „immer die Geselligkeit ein wichtiger Punkt dieser Arbeit“ gewesen sei, etwa beim Schafkopf spielen.
(Standing Ovation – Bild: Michael Scholz, N-Land)
Berührte Zuhörer
In der Stadtkirche zeigte sich am Sonntagnachmittag diese Qualität noch einmal deutlich. Die Beiträge von Kantorei- und Gospelchor, die auch gemeinsam sangen, und gleichermaßen vom Blechbläserkreis waren erfüllt von Daseinsfreude, Gotteslob und auch ein wenig von der Traurigkeit des Abschieds. Die erreichte Tiefe, wenn viele Stimmen zu einer werden, die präzise Mehrstimmigkeit und immer wieder auch eine grundsätzliche ansteckende Vergnügtheit aller, zum Beispiel der Bläser bei „Hevenu Schalom Alejchem“, berührten die Zuhörer, die oft Beifall klatschten.
Dekan Werner Thiessen, der während des Gottesdienstes im angenehm lockeren Moderatoren-Stil das Lebenswerk des Kantors würdigte, hob diesen wesentlichen Kern von Schmidts Arbeit hervor: Musik berühre unmittelbar, sie reiße mit, verbinde Menschen und ermögliche bei Kirchenliedern, Oratorien oder Gospel ein höheres Verstehen im religiösen Sinne. Thiessen zitierte den Kantor, der erst im Dezember sinngemäß gesagt habe: Er sei weltoffen und das sei kein Widerspruch dazu, „dass ich Musik zur Ehre Gottes mache“.
„Institution in Hersbruck“
Thiessen lobte die Arbeit von Karl Schmidt in vielfacher Weise. Mit ihm gehe eine „Institution in Hersbruck“ — nach 667 Kantoreichor-Auftritten, darunter 75 Oratorien, 270 Gospelkonzerten und einigen Musicals mit dem Kinderchor, den er bis 2011 leitete. Er dankte dem „24-Stunden-Kantner“, der viel Zeit und Herzblut in seine Arbeit investiert, auch schwere Zeiten durchstanden, insgesamt aber großen Erfolg gehabt habe. Thiessen schwärmte: „Vieles steht uns noch vor Augen, vieles klingt noch in unseren Ohren.“
„Auf Ihr Lebenswerk können Sie stolz sein“, sagte später Landrat Armin Kroder, der ihn als „wichtigen Musik-Botschafter für den ganzen Landkreis“ würdigte. Hersbrucks Bürgermeister Robert Ilg dankte ihm für all das, was er für die Stadt im Ganzen getan hat, er habe „vieles richtig gemacht“. Sechs weitere Grußredner lobten ähnlich, darunter Landeskirchenmusikdirektor Ulrich Knörr, der sich für Schmidts „umfassenden, den Menschen nahen, beeindruckenden Dienst“ bedankte.
Zum Schluss bekannte Schmidt: „Ich war sehr gerne euer Kantor hier in Hersbruck.“ Er habe drei Mal die Möglichkeit gehabt, die Stelle zu wechseln, als Unterfranke habe er es aber nie bereut, sich immer wieder für seine neue Heimat entschieden zu haben, der er auch jetzt treu bleibt. Es sei sehr viel Arbeit gewesen mit großem Idealismus, Leidenschaft und „ganz viel Herzblut“, sagte er rückblickend und dankte seiner Frau Josta und seiner Familie für die Unterstützung. Den Gästen versicherte der Kirchenmusikdirektor: „Ich bleibe euer Schmidtens Kantor, KMD — ade“.
(Bericht: Michael Scholz N-Land: https://n-land.de/news/hersbruck/minutenlang-standing-ovations)