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Da bleibt kein Finger ohne Schnips

Himmelhoch jubilierend und am Boden zerstört, bodenlos zweifelnd und von Zuversicht erfüllt –Gospelsongs erspüren die ganze Spannweite menschlicher Gemütszustände. Der Gospelchor „Sound of Joy“ brachte bei seinem Konzert in der
bis zu den Emporen gefüllten Stadtkirche denn auch alle Facetten musikalischer Ausdrucksmöglichkeiten zum Klingen.
Temperament und Freude am Musizieren bei gleichzeitiger sängerischer und spielerischer Präzision, das ist man von Gospelchor, Blechbläsern und Band der Selneckerkantorei bereits gewöhnt. Fesselnd jedoch, wie altbekannten Melodien
durch frische Arrangements und einfühlsame Interpretation immer wieder neue Aspekte entlockt werden. Lehnt der Zuhörer sich beim Erkennen eines Gospelklassikers wie „By and By“ zunächst entspannt zurück, hebt es ihn im Verlauf des Songs fast aus der Kirchenbank, so elektrisierend und energiegeladen präsentiert sich ein eigentlich ruhig dahinfließender Ausblick auf das Leben im Jenseits.

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Im Spannungsbogen des mitreißenden Konzertes kann Kirchenmusikdirektor Karl Schmidt inzwischen neben der inspirierten Band auf eine ganze Reihe hervorragender Solistinnen und Solisten zählen, die mit Stimmgewalt und Persönlichkeit den ohnehin schimmernden Liedern noch ganz eigene Glanzlichter aufsetzen. Eingeflochten in die Vorstellung des neu erarbeiteten Liedguts des einsatz- und reisefreudigen Chors wird das bereits traditionelle Mitsinglied, bei dem sich die Konzertgemeinde, umgarnt und untergeärmelt vom Chor, selbst unter die Sänger wagen darf. Dann beweisen die Blechbläser, dass sie nicht nur zum blaskräftigen Unterstützen der Sänger taugen, sondern selbst ein Repertoire an schwungvoll umgekrempelten geistlichen Stücken vorweisen können. Mit Verve pusten sie ursprünglich ganz getragenen Kompositionen wie „ Let us break bread together“ völlig neues Leben ein, albern sich gekonnt durch ein paar Swingsequenzen und setzen glasklare Pointen in den hohen Tonlagen.
Den altbekannten Marsch „ O when the Saints“ zerlegen sie in verjazzte Einzelteile und setzen ihn anschließend mit rundum erneuerter Dynamik wieder zusammen. Mit hymnischen Fanfaren und abwechslungsreich erzählerisch wird ein
„Prelude“ des Zeitgenossen Traugott Fünfgeld präsentiert. Diese nicht vorhandene Scheu vor Stilbrüchen und dem Betreten von Neuland lässt auch „Sound of Joy“ immer wieder erkennen: „We can move Mountains“ kommt zu Beginn wie ein Popsong daher, swingende Rhythmen verführen das Publikum zum Fingerschnipsen und der körnige Sound eines Chicken Shake bildet den sanften Auftakt für den stetig sich steigernden Aufruf an die mehr oder weniger wachsamen biblischen Jungfrauen: „Keep your Lamps Trimmed and Burning!“
In Hersbruck haben der Chor und das Ensemble ein Heimspiel, allerdings kann auch jeder Konzertbesucher an der musikalischen Qualität und der mitreißenden Präsentation selbst ablesen, warum „Sound of Joy“ auch im Ausland sein Publikum begeistern kann. Seine Dankbarkeit für die großzügige Unterstützung in der Heimatstadt drückte der Chor in diesem Benefizkonzert mit der Spende der Einnahmen für das ihn beherbergende Kirchendach aus. Ihr Geld loswerden dürfen die Gäste allerdings erst nach zwei heftig erklatschten Zugaben.

Quelle: Hersbrucker Zeitung