HERSBRUCK – „Dies ist das vorletzte Konzert mit mir, 2018 wird mein letztes sein!“ Mit diesen Worten begrüßte Bezirksmusikdirektor Karl Schmidt die Zuhörer in der Stadtkirche, die dicht gedrängt saßen oder an den Wänden entlang standen. Das einzige, was diese Ankündigung verdaulich macht, ist die Tatsache, dass sich „Sound of Joy“ kaum mehr steigern kann. Im Jahreskonzert des Gospelchors mit Band und Bläsern nutzten die Musikanten ihre technische Brillanz, um ein anrührendes und mitreißendes Konzerterlebnis zu bieten.
Kann Musik die Welt verändern? Die Frage ist oft gestellt und nie befriedigend beantwortet worden. Festzustellen aber ist: Musik kann glücklich machen, nachdenklich, sie kann in die Tiefe führen und erheben. All das erreicht „Sound of Joy“ in seinem Jahreskonzert, die offenkundige Begeisterung der Sänger spiegelte sich in den berührten Reaktionen des Publikums.
Das dynamische, verschachtelte und witzig arrangierte „Son of a Preacherman“ mit den triumphierenden Bläsern stimmte einfach nur heiter, das hochdramatisch inszenierte „Wade In The Water“ stellt einem die Härchen an den Armen auf, und das als ernster Wechselgesang dargebotene „Ain’t Judging No Man“ „redet“ in echter Gospelmanier „ins Gewissen“. Erhebend ist das eigentlich altväterliche „A Mighty Fortress Is Our God/ Ein feste Burg ist unser Gott“ zu einem agilen Arrangement neu gesetzt, das in einem furiosen Finale kulminiert, akzentuiert von Bläserfanfaren.
Überhaupt die Bläser! Sie sind einfach großartig und Kantor Schmidt tut gut daran, sie auch solo ohne den Chor spielen zu lassen. Komplizierten und jazzig-sperrigen Kompositionen wie „Borage“ des Briten Chris Hazell zeigen sie sich ebenso gewachsen wie der poppig-verspielten „Pop Serenade“ von Michael Schütz. Sie albern sich versiert durch Scott Joplins „Palm Leaf Rag“ und beschwören ganz selbstironisch leicht angestaubte Tanzbodenatmosphäre samt Polka-Tango-Schmelz mit Leonhard Pauls „Tango“ herauf. Dann kehren die Bläser wieder zu ihrer dienenden Funktion als Salz und Pfeffer des Chorgesangs zurück.
Ebenso akzentuiert spielt die Band, die unter die himmelwärts strebenden Stimmen einen tragfähigen Klangteppich legt. Der Chor erweist sich in den hohen und tiefen Sequenzen als absolut souverän, textsicher und gut verständlich. So wird das Konzert zur gesungenen Predigt, wenn die um sein Kind werbende Liebeserklärung Gottes in „Welcome Home“ innig erklingt oder „You Raise Me Up“ in an- und abschwellenden Versen Mutlosen Zuversicht einhauchen will.
Unzufrieden zeigt sich der Chorleiter zunächst nur mit den Sangeskünsten der frisch angeworbenen Chormitglieder im Kirchenschiff: Beim traditionellen Mitsinglied schwächeln die Stimmen der Hersbrucker etwas. „So geht das aber nicht! Da muss ich ja noch ein Jahr länger dableiben!“, scherzt Karl Schmidt und wiederholt den Refrain so oft, bis er zufrieden ist. Das Publikum, vom Säugling bis zum Grauhaarigen bunt altersgemischt, gibt sich sichtlich Mühe. Als generationenübergreifend, ja manchmal gar als Familienangelegenheit, erweist sich auch der Chor: Vom Teenager bis zum Rentner sind alle Lebensalter vertreten und mit Begeisterung dabei.
Wenn neben anderen sehr überzeugenden Solisten auch die 15-jährige Sonja Fritsch mit echter Power zum Solistenmikro greift, ihr jüngerer Bruder Michi zur Erreichung von Augenhöhe auf einem Podest stehend die englischen Texte weitgehend auswendig mitsingt, der Papa am Bass und die Mama im Chor mitwirken, dann kann einem um die Zukunft dieses Ausnahmechores nicht so richtig bang werden. Oder doch? Auf ein Jahreskonzert im Januar 2018 darf man sich auf jeden Fall schon jetzt freuen.